„Das provokative Spiel“: Erotische Liebesszenen als Ausdruck praller Lebenslust gehören zu den vielfach variierten Motiven des zairischen Malers Chérie Samba. Foto: Winckler
Bilder vom prallen lustbetonten Leben neben Bildern von Tod und Armut: der zairische Künstler Chérie Samba bezieht seine Bildmotive aus der unmittelbaren Realität seines Heimatlandes, der
heutigen Republik Kongo.
Da liegt ein ausgemergelter Aidskranker auf dem Sterbelager und grämt sich darüber, daß sich die Gattin nach seinem Tod seines Eigentums bemächtigen könnte. Ein anderes Bild zeigt eine fast
nackte Frau, die mit gespreizten Beinen auf dem Bett sitzt und voller Liebessehnsucht an ihren Mann denkt. Krasse Gegensätze, die Samba künstlerisch durch eine feine Ironie und eine fast comicartige
Bildsprache vereint.
Der 30jährige Autodidakt gilt heute als einer der wichtigsten zeitgenössichen Maler Schwarzafrikas. Nach der Auflösung eines Exclusivvertrages mit einer Pariser Galerie war es dem Fürther Arzt
und Afrikakunstsammler Bernd Kleine-Gunk nun möglich, eine Auswahl von Samba-Werken in die ZAK-Galerie zu holen, wo sie unter dem Titel „La Vie en Zaire“ den ganzen Sommer über bis zum 18. September
zu besichtigen sind.
Chérie Sambas Kunst ist von einer frappierenden Direktheit. In farbenfrohen, flächigen, manchmal hyperrealistischen Bildern schildert er die alltäglichen Freuden und Widrigkeiten des
afrikanischen Lebens. Für europäische Augen wirkt seine Bildsprache fast naiv, doch zeugen ironische Details und vor allem die dazuformulierten Texte von einem spitzfindigen Humor, der auch die
eigene Person nicht ausspart.
Nachttopf mit Goldstaub
In einem Selbstporträt - „Mieter eines Zimmers ohne Toilette“ –sieht man Samba nackt neben seiner schlafenden Geliebten auf einem mit Goldstaub veredelten Nachttopf sitzen und liest dazu am
Bildrand den auf französischen geschriebenen Satz „Unmöglich für einen großen Kerl wie mich sein großes Geschäft in ihrem Zimmer zu verrichten. Das ist wirklich lachhaft.“ Das Tapetenmuster besteht
aus vielen kleinen Stempelabdrücken, die x-fach die Frage wiederholen: „Werde ich eines Tages reich sein?“
Noch hintergründiger zeigt sich Samba in dem Bild „Marche de Soutien – Unterstützungsmarsch“, eine Persiflage auf die in afrikanischen Diktaturen gern veranstalteten Triumphzüge. Bei Samba sind
die durchs Dorf ziehenden Frauen lediglich mit Dessous bekleidet, während die Männer BHs und Höschen durch die Luft schwenken. Ein Triumphmarsch auf den Büstenhalter, der im Französischen
„soutien-orge“ heißt.
Gleichwohl ist Samba kein regimekritischer Maler, sondern auch im eigenen Land als der wohl hervorragendste Vertreter der populären Malerei Zaires anerkannt. Als er 1975 – gerade 18jährig in
Kinshasa sein erstes Atelier eröffnete und mit einem einzigen ausgestellten Bild für einen Massenauflauf sorgte, provozierte er zwar den Protest der Behörden, denen die sozialkritische Komponente des
Werks mißfiel. Doch bemühte sich Samba danach bewußt um das Wohlwollen der offiziellen Stellen, ohne sich allerdings in seinem direkten Blick auf die gesellschaftlichen und politischen Mißstände oder
in seinem Faible für ausgesprochene erotische, faßt pornografische Liebesszenen einengen zu lassen.
Ausstellungen in seiner Heimat und ab 1979 auch im Ausland, unter anderem in Berlin, Brüssel, Paris und Schweden, haben ihm inzwischen internationales Renommee eingetragen. Laut Kleine-Gunk war
es angesichts der derzeit brisanten politischen Lage in der Republik Kongo dennoch äußerst schwierig, Sambas Bilder nach Deutschland zu bringen. Eine seltene Gelegenheit also, Kunst aus Zaire
kennenzulernen.