Ein Schuh-Sarg für den Schuster: ZAK-Galerist John Hammond mit vier Figuren-Särgen von Paa Joe, die am Wochenende nach Kassel transportiert werden. Foto: Winckler
Sie sehen aus wie große bunte Holzskulpturen: Ein Fisch, ein überdimensionaler schwarzer Schuh, eine Riesen-Zwiebel, eine Magnum-Bierflasche. Tatsächlich sind es auch Skulpturen, doch zugleich
haben sie die Funktion von Särgen. Was auf den ersten Blick makaber anmutet, ist im afrikanischen Ghana ganz ernstzunehmender Bestandteil eines würdevollen Bestattungsrituals. Womit der Mensch in
seinem Leben Anerkennung und Wohlstand erworben hat, das soll auch seine letzte Behausung vor Augen führen.
Eine größere Auswahl dieser Figuren-Särge hat der Fürther Arzt und Afrika-Kunstsammler Bernd Kleine-Gunk derzeit in die ZAK-Galerie gebracht. Allerdings ist die Galerie diesmal nur logistische
Station vor dem Abtransport per Lkw nach Kassel. Dort sollen Kleine-Gunks wohl größte Sammlungsstücke ab dem 21. Februar im Museum für Sepulkralkultur ausgestellt werden – dem weltweit einzigen
Museum, das sich ausschließlich den Themenbereichen Sterben, Tod, Bestattung und Erinnerung widmet.
Unter den Särgen, die am Wochenende auf die Reise gehen, befinden sich auch zwei vom Vater dieser ganz originären Kunstform – von Kane Kwei.
Der gelernte Schreiner, der 1992 in dem ghanaischen Fischerdorf Teshie gestorben ist, gilt auch Kunsthistorikern inzwischen als Schöpfer einer neuen funktionalen Kunst Afrikas. Obwohl er an
afrikanische Traditionen anknüpfte – figürliche Särge werden auf dem schwarzen Kontinent seit Jahrhunderten hergestellt - bedeutete seine vollkommen realistische Wiedergabe natürlicher und
technischer Gegenstände einen Bruch mit der Tradition.
Spritze für den Arzt
Heute bauen Kweis Söhne und Neffen die Figuren-Särge, für deren Erwerb ein ghanaischer Bauer fast einen Jahresverdienst opfern muß. Neben den zwei Särgen von Kane Kwei selbst stammen alle übrigen
in der Sammlung Kleine-Gunk von Paa Joe. Darunter ein letztes Ruhebett in Form einer Spritze für den Arzt, eines Uterus für den Gynäkologen, eines
Hummers für den Fischer.
Für westliche Augen ist das wirklich gewöhnungsbedürftig, mancher dürfte die lebensnahen Särge als allzu profan empfinden, doch für die Ghanaer verbindet sich mit diesem ganz direkten Zugriff auf
das, womit der Tote sein Glück in der Welt gemacht hat, die Hoffnung auf einen guten Übergang ins Jenseits und ein dem irdischen Dasein entsprechendes Wohlergehen in der anderen Welt.
In Kassel wird man ab dem 21. Februar auch noch an anderer Stelle afrikanischer Kunst aus den Beständen Kleine-Gunks begegnen. Die Galerie Bittner & Dembinski (Wolfsschlucht 17, nahe der
Treppenstraße des documenta-Geländes) zeigt dann unter dem Titel „Blick nach Afrika“ Arbeiten von Abdallah Salim, Chéri Samba, Bernhard Matemera und anderen Künstlern, die in Fürth bereits in der
ZAK-Galerie vertreten waren.