Steinerweichend: Bildhauer Eddie Masaya bei der Workshop-Arbeit. Foto: Winckler
Mit seinem Meißel hat Takawira die Frau befreit. In einem Serpentin-Stein saß sie gefangen, verborgen in einem unbehauenen Block.
Lazarus Takawira hat sie erkannt und Hand angelegt, bis die steinerne Schicht verschwunden war. Jetzt rast die Frau aus dem Stein, bewegt sich irrwitzig schnell, und jeder kann
sehen, wie sie heißen muß: „Flying Woman“.
Die fliegende Frau ist Teil einer beeindruckenden Sammlung von Steinskulpturen aus Zimbabwe, die derzeit in der Galerie ZAK in der
Königstraße zu sehen ist. Zwar unterscheiden sich die Werke in Material und Bearbeitung stark voneinander, aber eines ist ihnen gemeinsam: sie erwecken den Eindruck, im Stein auf den Künstler
gewartet zu haben.
Tengenenge heißt die Bildhauerkolonie, in der viele der gezeigten Stücke ihren Ursprung haben. Am Fuße eines Gebirgszuges liegt das
Dorf, in dem ein beispielloser Siegeszug der Steinbildhauerkunst seinen Anfang nahm. Nach Tengenenge kommen Galeristen aus Japan, aus den Vereinigteen Staaten, aus Europa. Nach Tengenenge gehen
Preise, wie der große Preis de Biennale von Venedig, mit dem der Künstler Nicholas Mukomberanwa ausgezeichnet wurde.
An eine derartige Entwicklung hatte niemand geglaubt, als das Dorf, in dem es einfach viele Steine gab, zu einem Dorf wurde, in dem
sich immer mehr Feldarbeiter auf den Boden setzten und mit den Steinen zu experimentieren begannen. Gründervater war ein weißer Tabakhändler, dessen Geschäfte so schlecht gingen, dass er beschloss,
sich lieber ganz seinem Hobby, der Steinbildhauerei, zu widmen. Durch Zufall setzten sich auch schwarze Arbeiter an den Stein. Blomefield, der Tabakhändler, erkannte das ungeheure Talent.
Grüner und schwarzer Serpentin wird häufig bearbeitet. Beide Materialien zählen zu den harten Steinen und setzen – ganz anders als die
für Touristen im Schnellverfahren erzeugte „Airport-Art“ – ungeheure Geduld und künstlerische Fähigkeiten voraus. Sie werden mit Schmirgelpapier und Wasser bearbeitet und daraufhin in heißes Wachs
eingelassen, was ihnen den charakteristischen Glanz verleiht. Der „wütende Bettler“, eine Skulptur des Bildhauers Anderson Mukomberanwa, zeigt, wie der unpolierte Stein aussieht: ein
matter, grauer Mantel hüllt die Figur ein.
Viele der Werke spiegeln den Humor ihrer Macher wieder, so die Skulptur „Family riding in the back of an Elephant“. Wenn man den Stein
von vorne betrachtet erkennt man drei Köpfe in windradartiger Anordnung. Auf der Rückseite bilden sie den Elefanten auf dem sie reiten. Der Mensch transformiert sich in sein Tier.
Als Parallelveranstaltung zur Skulpturen-Ausstellung organisiert Eddie Masaya einen Bildhauer-Workshop. Der Kurs
begann am gestrigen Sonntag und endet am 14. Juli. Masaya stammt aus Nyanga in Zimbabwe und stellt unter anderem bereits in New York, Montreal und London aus.