ARCHIVE 2004
Press Archive
Fürther Nachrichten, 2004, CLAUDIA SCHULLER
Der scharfe Blick auf die feine Gesellschaft
Die Künstlerinnen Marlis Albrecht und Rosa Baum zeigen ihre Gemälde von Mensch und Tier im Stadttheater
Keine Hintergründe, keine Szenerie: Pur und unverstellt präsentieren die Malerinnen Marlis Albrecht und Rosa Baum ihre Protagonisten derzeit im Stadttheater in der Ausstellung „In bester Gesellschaft“. In Filmsprache übersetzt: Sie zoomen das Leben heran. Nur, dass Albrecht Menschen und ihre Beziehungen malerisch untersucht, während Baum Tiere mit ins Boot nimmt.

An archaische Höhlenmalerei erinnern ihre Wesen. Naturfarben, längliche Köpfe und Körper. Bewusste Schlichtheit. Die Stiere, Ziegen, Katzen sind einfach da, massiv und sicher, ganz so, wie Tiere die Menschen durch ihre ungeheure, unbewusste Präsenz beeindrucken, beruhigen und zugleich verunsichern. Das Expressive ist wohl dosiert, vermittelt sich aber deutlich durch die Pinselführung. Stimmige, kraftvolle und begabte Arbeiten.
Virtuose Technik
Albrecht kommt eher heiter-ironisch daher, allerdings ohne Bösartigkeit. Sie liebt diese Geschöpfe, die sie in ungewöhnlicher, virtuoser Wachs-Tempera-Technik gemalt, aufgetragen, eingekratzt, freigelegt hat. Perfekt zum Theater-Foyer passend geht es oft um Menschen, die im künstlerischen Ausdruck begriffen sind: Geiger, ein Tango-Tanzpaar, ein „Duo mit Hörnern“, eine Familie, die sich zu einer Art Chorgesang versammelt hat, ohne die internen Verknüpfungen und Brüche zu verheimlichen. Eine Szene die man zu kennen glaubt und an der man sich nicht sattsehen kann.
Ob es an den Engeln liegt, die sanft ironisch und leicht verschlafen über allem wachen, Schutzgeister, wie alle Menschen sie brauchen? Tritt man näher und untersucht die Machart der Arbeit, kann man über tausend Kniffe und Feinheiten, über die bunten Farben und ihre Schichtungen staunen. Die Köpfe gestaltet Albrecht mit einem Schuss Amadeo Modigliani, gerade bei den Damen, die Körper teils lang und gebogen wie bei Giacometti. Das Spektrum menschlicher Verhaltensweisen ist weit und Albrecht gelingt das Kunststück, das Wichtigste einzufangen. Eine Künstlerin, die man im Auge behalten sollte und die neue Glanzpunkte im Stadttheater setzt.
Er hatte die bessere Joe-Cocker-Stimme, schrieb aber seine Lieder selbst: Kevin Coyne der letzte Woche im Alter von 60 Jahren verstarb. Ja er malte auch. Und wie. Die Werke des Nürnberger Künstlers, der sich standhaft: weigerte. Deutsch zu lernen, könnten zweidimensionale Ken-Loach-Filme sein, so anrührend und dramatisch und zum Weinen schön-derb.
Wer hätte gedacht, dass Coyne im Stadttheater seinen letzten Ausstellungsraum finden würde, denn seine Werkschau war die vor Baum und Albrecht. Nun ist eine Gedächtnisausstellung im zweiten Foyer daraus geworden, voller Krokodile, Kriegsvögel, gebeutelter Männer im Clinch mit sich und der Welt. Jedes Bild erzählt eine alltägliche, etwas traurige Geschichte, voll Liebesleid, psychischem Konflikt. Verletzungen, Politik. Diesen furiosen, comic-haften Stil hatte nur einer drauf. Unglaublich, unwiederbringlich unverzichtbar.
Artist Profiles
Marlis Albrecht
1956 geboren in Ludwigsburg/Poppenweiler
Bankkauflehre
Berufsjahre als Bankkauffrau
Hinwendung zur Malerei im Eigenstudium
1987-1988 Studium an der Freien Kunstschule in Stuttgart
seit 1989 freischaffend, lebt und arbeitet in Möglingen
seit 1996 zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in Deutschland und Frankreich
Rosa Baum
1945 geboren in Tachingen am See/Kreis Traunstein
Ausbildung zur Sozialarbeiterin und Lehrerin in München und Berlin
1984 Auseinandersetzung mit der Malerei im Eigenstudium
1991 Studium an der Kolping-Kunstschule in Stuttgart
Gezielte Weiterbildung an verschiedenen Kunstakademien
1998 Eigenes Atelier in Oberlengenhardt
Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen
2004 Fachbeirätin für Bildende Kunst in der Gedok Karlsruhe