Chéri Samba: „Marche de Soutien“ aus der Ausstellung in der Bamberger Dessauervilla. Foto: Emil Bauer
„Out of Africa“ heißt die Ausstellung mit Werken 13 zeitgenössischer afrikanischer Künstler, die der Kunstverein Bamberg in
der Stadtgalerie initiiert hat.
Eine dicke weiße Frau, die schläft und dabei dem Betrachter ihr ausladendes Hinterteil präsentiert, notdürftig von einem roten Slip bekleidet. Ein Bild weiter tanzt sie mit einem eher
schmächtigen schwarzen Mann. Die Frau lacht den Mann herausfordernd an. Ein ungleiches Paar, über das man schmunzeln kann. -Geht das zusammen? Der kenianische Maler Richard Onyango hat in diesen und
weiteren plakativen, humorvollen Bildern seine Beziehung zu einer fülligen Exgelieben dargestellt.
Vitale Kunstszene
Ein Test: Was fällt einem zu „afrikanischer Kunst“ ein? Vermutlich diverse religiöse Kunstgegenstände, magisch aussehende Figuren, exotische Malereien. Eben das, was der Afrikatourist aus
Souvenirläden kennt, „Airport art“, Touristenkram. Davon, dass auf dem Riesenkontinent eine vielfältige, vitale Kunstszene entstanden ist, weiß man in der so genannten Ersten Welt noch immer
viel zu wenig. Im Unterschied zu früheren, noch in Stammesgemeinschaften beheimateten Künstlergenerationen zeichnen sich Afrikas Künstler heute durch ein Bewusstsein für Individualität und
Originalität aus. Kenner der Szene wie Bernd Kleine Gunk sprechen sogar von einer „afrikanischen Renaissance”.
Wem dies zu hoch gegriffen erscheint, kann sich eines Besseren belehren lassen. In der Dessauervilla präsentiert der Bamberger Kunstverein in Zusammenarbeit mit der Fürther Galerie ZAK einen
kleinen Teil der umfangreichen Privatsammlung Kleine-Gunks. Der Chefarzt einer Fürther Privatklinik, der mehrere Jahre lang als Entwicklungshelfer in Zimbabwe tätig war, zählt zu jenem Handvoll
enthusiastischer Sammler, die Afrikas moderne Kunst einem europäischen Publikum vermitteln. Er hilft als Mäzen dort, wo ein Kunstbetrieb mit Fördermöglichkeiten, Stipendien, Galerien bis auf weiteres
fehlt. Viele der von ihm geförderten Künstlerpersönlichkeiten sind längst auch international bekannt geworden.
Twins Seven Seven zum Beispiel, ein aus Nigeria stammendes Multitalent zum Beispiel, das in Bamberg mit „Sculptur-Paintings“ vertreten ist: Dünne Lagen von bemaltem Holz sind aufeinander geheftet
und geben den detail- und ornamentreichen Bildern, die von der Geschichte seines Volkes, den Yoruba, handeln, eine plastische Dimension.
Bekannt für seine engagierte Kunst wurde auch der Ghanaer Godfried Donkor, von dem eine „From Slave to Champ“ betitelte Serie mit „Mixed-Media-Arbeiten“ zu sehen ist: Vor dem Grundriss eines
Sklavenschiffes posieren schwarzhäutige Schönheiten und farbige Boxchampions, die Köpfe umgeben von einer rötlichen Aura, die sich bei genauem Hinsehen als Zeitungsausschnitte mit Börsenkursen
erweisen.
Andere Künstler arbeiten bevorzugt mit Abfallmaterialien: Martin Mushomas wunderschön-schrecklicher Paradiesvogel, eine feingliedrige furchteinflößende Stahlskulptur, scheint jeden Moment zum
Leben zu erwachen. Die aus Zimbabwe stammende Margaret Majo hat Kronkorken zu ihrem künstlerischen Medium erkoren: Aus unzähligen verzierten, lackierten Korken, „Painted-Bottel-Tops“, arrangiert sie
ihre eindrucksvollen Bilder.
Über Umwege zur Kunst
Das Afrikas Künstler häufig erst über Umwege zur Kunst finden, zeigt das Beispiel Middleart: Er begann als Schildermaler für Frisörgeschäfte und wandte sich dabei mehr und mehr aktuellen Themen
zu. Die Grenze Kunst-Gebrauchsgegenstand lotet auf makabre Weise auch Kane Kwei aus. Seine Särge sind durchaus für den Gebrauch bestimmt – und sind zugleich originäre Artefakte: Seit 20 Jahren
fertigt Kwei Särge aus dem Bedürfnis heraus, den Verstorbenen auf eine individuelle, seiner Persönlichkeit entsprechende Weise zu bestatten: Ein Gemüsehändler bekam so einen Zwiebelsarg. Ist es nur
Zufall, dass in Bamberg ein Bierflaschensarg (ghanaisches „Club Beer“) ausgestellt ist?