ARCHIVE 2013
Vernissage: 13.01.2013
Nihat Celik
Press Archive
Fürther Nachrichten, 14.01.2013, CLAUDIA WUNDER
Eine Gratwanderung
Der Maler Nihat Celik hinterfragt die Wirklichkeit
FÜRTH - Das Leben ein Traum? Groteske Geschöpfe und seltsame Mutanten haben Einzug gehalten ins ehrwürdige Stadttheater und bevölkern eine Traumwelt an der Grenze zur Wirklichkeit. Doch der türkischstämmige Künstler Nihat Celik sieht seine surrealen Werke als Reaktionen auf Erlebtes, als „eine andere Wirklichkeit“.
Der aus dem türkisch-griechischen Grenzgebiet stammende Künstler verarbeitet in seinen im Stadttheater ausgestellten Gemälden Gefühle der Fremdheit. Foto: Claudia Wunder
Eines seiner Lieblingswerke ist der Fisch. Nihat Celik hat darin eine innere Zerrissenheit verarbeitet, als er zu entscheiden hatte, in Deutschland zu bleiben oder in seine Heimat zurückzukehren. Im Alter von 15 Jahren war Celik, Jahrgang 1964 und geboren im Grenzgebiet zwischen Türkei und Griechenland, nach Deutschland gekommen und hatte hier zunächst das Leben eines Arbeitsimmigranten kennen gelernt.
1991 begann er das Studium der freien Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg bei Professor Christine Colditz, das er als Meisterschüler von Professor Johannes Grützke beendete. Seit 1997 ist Nihat Celik freischaffend tätig.
Auf dem großflächigen Bild mit bunten Acrylfarben auf Leinwand ist ein Fisch — ohne dass man den Titel kennt – nicht sofort zu erkennen. Der Schwanz weist zwei Haken auf: Sie stehen für die zwei Möglichkeiten, zwischen denen sich Celik entscheiden musste. Kohle und Kreide sind neben Acryl und Buntstift weitere bevorzugte Werkzeuge des Künstlers. Die Kohlezeichnungen im Erdgeschoss zeigen auffallend oft Stifte. Eine Anspielung auf Mehmet den Schwarzstift, einer türkischen Persönlichkeit aus dem 16. Jahrhundert, mit der Celik sich für eine Ausstellung in Istanbul beschäftigt hat und an dessen Tradition er anknüpfen wollte.
Dass der Stift in einem Werk wie im Gefängnis erscheint, ist kein Zufall. Er fühle sich manchmal so, sagt der Künstler, es spiegle auch seine Erfahrungen als Ausländer wieder. Monströs sind einige seiner Figuren dargestellt, mit übertriebenen Ausmaßen, ungewohnten Proportionen.
Doch durch die grafische Präzision und die geschickte Farbwahl strahlen die Bilder nichts Abschreckendes aus – im Gegenteil, sie ziehen den Betrachter wie magisch an und fesseln ihn. Fleiß, Strenge und ein Hang zum Perfektionismus lassen sich herauslesen, die kleinen Details — etwa eine Munitionspatrone mit Flügeln als Verarbeitung des 11. September — machen die Werke zu einer unversiegbaren Fundgrube.